Freitag, 15. Juni 2007

Anwohner

-extrem hohe Bevölkerungsdichte
-extremer Mangel an Grünfläche und Spielplatzfläche
-kein Überschuss an Bestattungsfläche im Prenzlauer Berg, erst recht nicht unter demografischen Gesichtspunkten

Das Sanierungsgebiet Winsstraße ist durch eine extrem hohe Bevölkerungsdichte gekennzeichnet. Hier leben 237,5 Einwohner/ha (Stand vom 31.12.06). Damit ist die Bevölkerungsdichte in diesem Gebiet knapp doppelt so hoch wie im Ortsteil Prenzlauer Berg (129,6 EW/ha) und ebenso höher als in den angrenzenden Sanierungsgebieten Bötzowstraße und Kollwitzplatz. Im Vergleich dazu liegt die Bevölkerungsdichte im gesamten Bezirk Pankow bei 33,7 EW/ha. Im Sanierungsgebiet Winsstraße herrscht ein extremer Mangel an wohnortnaher Grünfläche- es gibt praktisch keine. Das einzige vorhandene Grün ist an die zwei Spielplätze (innerhalb des Sanierungsgebietes nur An der Marie und Raabestraße) gebunden. ist das Sanierungsgebiet Winsstraße eines der innnenstadtnahsten Gebiete des Bezirks Pankow, die Bewohner dieses Viertels haben infolgedessen auch kaum eine Möglichkeit, auf Grünfläche woanders hin auszuweichen- in Richtung Zentrum gibt es ebenfa lls keine Grünfläche. Im Sanierungsgebiet Winsstraße fehlt nach jahrelanger, intensivster Bebauung nicht weiteres Bauland- hier fehlt Grünfläche.
Der Friedhof stellt für die Bewohner des angrenzenden Sanierungsgebietes Winsstraße, aber auch für die Bewohner der Sanierungsgebiete Bötzowstraße und Kollwitzplatz einen wichtigen Ort der Erholung und Entspannung dar. Der Friedhof wird bereits seit Jahren als eine Grünfläche genutzt- soweit ein Friedhof eine solche Nutzung zulässt. Die Menschen gehen dort spazieren, genießen im Sommer Kühle und Schatten der Bäume oder legen ihre täglichen Wege über den Friedhof. An dieser Stelle muss Grünfläche nicht neu geschaffen werden, hier gilt es, etwas zu erhalten, was von den Bewohnern bereits als Grünfläche genutzt wird. Ein Erhalt der gesamten, für Bestattungen nicht mehr genutzten Fläche als Grünfläche in diesem dicht besiedelten, kinderreichen Gebiet erscheint uns dringend geboten und ist unserer Ansicht nach eine einmalige Chance, die es zu nutzen gilt.

Nicht zuletzt könnte die Entwicklung dieser Fläche als Grünanlage beinhalten, Spielplätze zu schaffen. Aus der bezirklichen Spielplatzplanung www.berlin.de/imperia/md/content/bapankow/umwelt/spielplatzplan.pdf geht hervor, dass sich die Versorgungseinheit 1B, begrenzt durch Marienburger Straße/ Heinrich-Roller-Straße/ Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße, durch ein Versorgungsdefizit an Spielplätzen von 91,4% auszeichnet. Das entspricht einem unerfüllten Spielplatzbedarf von 4.839 m² Netto Fläche. Zum 31.12.2005 waren in dieser Versorgungseinheit 15,8% der Bevölkerung Kinder im Alter zwischen 0-18 Jahren. Der Schaffung von Spielplätzen wird höchste Dringlichkeit eingeräumt, allerdings- so die Argumentation in der Spielplatzplanung- konnte aufgrund der dichten Bebauung der Versorgu ngseinheit kein weiterer Planungsstandort gefunden werden. Wir hätten da eine Idee.

Derzeit leben im OT Prenzlauer Berg 141.900 Einwohner. Jedem steht laut Friedhofsentwicklungsplan (www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml) eine Bestattungsfläche von 2qm (S.15) zu, das entspricht einer Gesamtfläche von 28ha. Im OT Prenzlauer Berg gibt es genau zwei Friedhöfe, den St. Marien/ St. Nikolai II und Georgen-Parochial I Friedhof, mit einer derzeitigen Gesamtfläche von 7,3ha. Das entspricht einem Viertel dessen, was den Menschen zur Verfügung stehen müsste, wenn sie weiterhin wohngebietsnahe bestattet werden möchten.
Auch die zu erwartende demografische Entwicklung lässt den Schluss eines Überschusses an Bestattungsfläche im Prenzlauer Berg nicht zu. Im Sanierungsgebiet Winsstraße leben derzeit nur 8% Menschen, die älter als 55 Jahre sind (Wir bitten an dieser Stelle um Entschuldigung, aber wir haben keine statistischen Angaben über die noch ältere Anwohnerschaft.) Das ist im Vergleich zum Berliner Durchschnitt (30%) nur ein Viertel. In 20 bis 30 Jahren wird sich die im Prenzlauer Berg lebende sehr junge Bevölkerung in ihrer Zusammensetzung dem Berliner Durchschnitt älterer Menschen annähern, wobei dann bald soviel mehr ältere Menschen als im Berliner Durchschnitt hier leben werden, wie es jetzt mehr jüngere sind. Anders ausgedrückt: all die vielen jüngeren Menschen im Prenzlauer Berg werden älter und brauchen irgendwann auch einen Bestattungsplatz. Der soll laut Friedhofsentwicklungsplan wohngebietsnahe sein (S.21). Das wird vermutlich nicht m öglich sein, es sei denn, alle älteren Menschen ziehen wieder weg. (Oder es wird gelost. So wie bei der wohnortnahen Einschulung in diesem Jahr.)

Naturschutz

Friedhöfe sind nicht nur ein wesentlicher Teil des öffentlichen Grüns, sie sind auch wichtiger Lebensraum für in den eng bebauten Städten verdrängte Pflanzen und Tiere. Durch die minimale Bewirtschaftung der für den Verkauf als Bauland vorgesehenen verwilderten Fläche seit mehreren Jahrzehnten konnten sich dort zahlreiche Spezies ansiedeln.
Der Berliner Landesverband für Naturschutz (BLN) hatte, nachdem 2005 bereits in einem Vorschlag zum Friedhofsentwicklungsplan (FEP) absehbar wurde, dass u.a. auf den Friedhöfen St. Marien/ St. Nikolai II und Georgen-Parochial I Flächen im Hinblick auf eine Bebauung gefährdet sein werden, im Vorjahr auf diesen Flächen geforscht.
Nach einer telefonischen Vorinformation des BLN wird die Fläche auf dem Marienfriedhof aus Sicht der Naturschützer zwischen wertvoll und besonders wertvoll eingeordnet, insbesondere wegen ihres Insektenreichtums.
Unserer Ansicht nach verbietet sich einen Bebauung der geplanten Fläche auf dem Marienfriedhof auch aus Sicht des Naturschutz. Hier gilt es Grünfläche für die Erholung der Menschen, aber auch Lebensraum für zahlreiche Arten zu erhalten. Eine Bebauung würde einen riesigen irreversiblen Eingriff in das zusammenhängende Biotop der Friedhöfe bedeuten. Dabei stehen im Bezirk Pankow ausreichend Recyclingflächen zur Verfügung, d.h. Flächen, deren Bebauung einen erheblich geringeren Eingriff in die Natur bedeuten würde.

Über Naturschutz auf Friedhöfen allgemein findet man sehr schöne Informationen unter:
www.stiftung-naturschutz.de/friedhof/index.php

Die Stiftung Naturschutz Berlin hat in Zusammenarbeit mit dem BLN dem Thema ein liebevoll gestaltetes Heft gewidmet, welche man kostenlos bestellen kann: GRÜNSTIFT special 23, Lebensraum Friedhof- Naturschutz auf Friedhöfen.

Friedhofsentwicklungsplan

Im Juni 2006 wurde der Friedhofsentwicklungsplan (FEP) von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung veröffentlicht (www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml). Der FEP wurde mit dem Ziel erarbeitet, den Bedarf an Bestattungsfläche in Berlin zu prüfen und angesichts überschüssiger, von landeseigenen sowie konfessionellen Trägern teuer zu bewirtschaftenden Flächen längerfristig die Schließung und Aufh ebung von Friedhöfen bzw. Teilflächen zu bahnen. Die übliche Folgenutzung von Friedhöfen nach Schließung und Aufhebung ist laut §6 des Friedhofsgesetzes (www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/gesetze/download/friedhofsgesetz.pdfHYPERLINK "http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml" HYPERLINK "http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml" HYPERLINK "http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_ begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml" ) Gründen der Pietät grundsätzlich eine als Grünfläche. „Eine spätere bauliche oder sonstige, mit der ehemaligen Friedhofsnutzung nicht harmonierende Nutzung ist aus Gründen der Pietät grundsätzlich nicht zulässig. Eine andere Folgenutzung kann nur aus zwingendem öffentlichem Interesse und nach besonders eingehender Prüfung zugelassen werden.“ Ein grosser Teil der für Bestattungen zu schliessenden Flächen wird im FEP tatsächlich für eine grüne Folgenutzung vorgeschlagen (z.B. als Friedhofspark oder Grünfläche), allerdings nicht alle. Ein Teil der Flächen wurde für eine „sonstige Nutzung“ vorgeschlagen, was eine gewerbliche, infrastrukturelle, bauliche u.a. wirtschaftliche Nutzung sein kann. Grund für ein zwingendes öffentliches Interesse an einer „sonstigen Nutzung“ w ird im FEP die finanzielle Situation der Friedhofsträger benannt.

Allerdings soll der FEP nur als ein Planungsinstrument verstanden werden, mit dem vorerst ein Prozess zur Stilllegung von Flächen für weitere Bestattungen eingeleitet werden soll. Ein Rechtsanspruch leitet sich daraus nicht ab. Im Einzelfall sollen in einem friedhofskonkreten Umnutzungsverfahren die Interessen des Friedhofsträgers gegen die vielfältigen gesellschaftlichen kulturellen und naturschutzrechtlichen abgewogen werden (S.23). Die Entscheidung über das Vorgehen im Einzelfall erfolgt auf Bezirksebene.

Widersprüche des FEP:

-es gibt auf dem dem St. Marien/ St. Nikolai II und Georgen-Parochial I -Friedhof und im Umfeld der beiden Friedhöfe keinen Überschuss an Bestattungsfläche

-es erfolgte keine besonders eingehende Prüfung der für "sonstige Nutzung" vorgeschlagenen Flächen

-es gab bislang keine Abwägung der Interessen des Friedhofsträgers gegen die vielfältigen gesellschaftlichen(link Anwohner), , kulturellen(link Kulturhistorie) und naturschutzrechtlichen (link Naturschutz)

Bezüglich einer Ausweisung von Flächen für eine „kurzfristige sonstige Nutzung“ auf dem St. Marien/ St. Nikolai II und Georgen-Parochial I -Friedhof widerspricht der FEP seinen Prämissen der Friedhofsentwicklungsplanung (S.21) zutiefst. Dort ist u.a. von einem dezentralen wohngebietsbezogenen Friedhofssystem die Rede. Die beiden Friedhöfe sind allerdings die einzigen im gesamten OT Prenzlauer Berg, wo 141.900 EW leben. Laut FEP werden 2qm Bestattungsfläche/ Einwohner veranschlagt, das entspricht einer Fläche 28 ha. Die beiden Friedhöfe haben jetzt -ohne Umnutzung- eine Gesamtfläche von 7,28 ha, das entspricht nur einem Viertel dessen, was als erforderlich gilt. Von einem Überschuss an Bestattungsfläche kann man ausgerechnet bei diesen beiden Friedhöfen nicht sprechen, auch nicht unter demografischen Gesichtspunkten.

Weiterhin ist an gleicher Stelle die Rede von einer Berücksichtigung der ökologischen Vernetzungsfunktion als Teil der übergeordneten Grün- und Landschaftsräume sowie von Berücksichtigung denkmalpflegerischer und naturschutzrechtlicher Belange. All das ist im Fall der beiden Friedhöfe ganz offensichtlich nicht erfolgt.

Scheinbar gab es eine einzige Prämisse, nämlich den dringenden Wunsch der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri- St. Marien, sich mit einer für Investoren wirklich attraktiven Fläche maximal gewinnbringend am Immobilienboom Berlins beteiligen zu können. Dazu passt, dass es unter den Anlagen zum FEP www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/friedhoefe_begraebnisstaetten/de/friedhofsentwicklungsplan/index.shtml eine Datei mit Übersichten, Einsparmöglichkeiten, Finanzierung u.à 4. gibt, aus der unter Anlage 19 hervorgeht, dass die beiden Friedhöfe ursprünglich nicht für eine „sonstige Nutzung" vorgesehen waren. Offenbar sollte der St. Marien/ St. Nikolai II Friedhof geschlossen werden und der Georgen-Parochial I Friedhof vollständig für Bestattungen erhalten bleiben. Erst nach einer Stellungnahme des Vorsitzenden der Friedhofskommission, Herrn Pfarrer Krug, wurde an dieser Stelle eine „sonstige Nutzung“ vorgeschlagen. Im Ergebnis der Abstimmung über diese Stellungnahme steht, dass das Stadtplanungsamt einer Nachnutzung ausschließlich als Grünfläche zustimmt. Der Senat hat hier entgegen seinen Grundsätzen der Friedhofsentwicklungsplanung und trotz Ablehnung durch das Stadtplanungsamt einen Vorschlag ausschliesslich zugunsten der zuständigen Kirchengemeinde herbeigeführt. Eine Prüfung der Flächen- oder gar eingehende Prüfung wie in §6 des Friedhofsgesetzes gefordert, hat bislang nicht st attgefunden. Ein Abwiegen verschiedener Interessen ebenso wenig. Trotzdem treibt die Mariengemeinde die Vorbereitung der Fläche auf dem St. Marien/ St. Nikolai II- Friedhof voran, so als wäre ein möglicher Verkauf als Bauland bereits beschlossene Sache.

Montag, 11. Juni 2007

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